Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Häuser, Bürogebäude und Industrieanlagen baut man nicht für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre, sondern für fünfzig, hundert oder mehr Jahre. Sie müssen für die Welt von morgen tauglich sein. Die Gebäude, die uns heute beherbergen, haben Nachteile:
Rund ein Drittel aller in Deutschland verbrauchten Energie wird nur zum Heizen und Kühlen von Gebäuden verbraucht. Der Klimawandel zeigt, wohin das führt.
Klimaschutz ist nicht mehr nur eine umweltpolitische Notwendigkeit, Klimaschutz wird zum Wettbewerbsvorteil und ist der Zukunftsmarkt schlechthin. Neben den erneuerbaren Energien liegen große Potentiale in Effizienztechnologien, in der effektiveren Nutzung von Energie.
Diesen Zukunftsmarkt werden wir nur erschließen, wenn wir eine gezielte und koordinierte Strategie zur Innovation und Markteinführung zukunftsfähiger Produkte und Strukturen im Energiemarkt entwickeln.
Das TIP Dialog Forum ist eine Initiative, die einen wichtigen Anstoß für eine Veränderung dieser Strukturen gibt. Integrierte Planung ist ein Ansatzpunkt, das Thema Energieeffizienz zum Nutzen aller voranzubringen: als Beitrag zum Klimaschutz, als Kostenersparnis für Investoren und als erhebliches Kostenreduktionspotenzial für die Nutzer von gewerblichen Gebäuden.
Mit weniger Energie mehr Wohlstand erreichen – dieses Ziel haben wir uns vor allem im Baubereich gesetzt. Wir haben entsprechende Gesetze verabschiedet und Förderinstrumente geschaffen.
Ich setze mich aber auch dafür ein, das Problem noch von einer anderen, grundsätzlicheren Seite anzupacken: Bisher werden Ingenieure und Architekten anteilig zum Kostenvolumen honoriert. Das halte ich nicht für sinnvoll und zukunftsfähig. Welcher Wettbewerb um die energieeffizientesten und sparsamsten Gebäude würde entstehen, wenn das Honorar der Planer in dem Maße stiege, wie der Natur- und Ressourcenverbrauch durch den Bau und die Nutzung des Gebäudes sänke.
Sie, die Praktiker, wissen aus eigener Erfahrung, dass diejenigen morgen Marktvorteile haben, die sich heute auf den Markt von morgen einstellen. Wer sich vor zehn Jahren schon auf Wärmedämmung und Fotovoltaik, auf energiesparende Warmwassergeräte, ressourcensparende Klimaanlagen oder Holzhäuser spezialisiert hatte, der konnte sich, als die Nachfrage in den letzten Jahren plötzlich stieg, über volle Auftragsbücher freuen und Mitarbeiter einstellen.
Wir müssen uns bewusst machen, dass Gebäude heute nicht nur eine Funktion im lokalen, sondern auch im globalen Kontext haben. Sie können einen negativen Beitrag zur Klimabilanz leisten oder aber sie können Aktivposten sein. Dies gilt es zu forcieren.
So wie jedes Gebäude eine globale Funktion hat, so hat auch jeder Architekt eine Rolle als globaler Akteur. Genauso jeder Bauherr, jeder Bauunternehmer, jeder Installateur, jeder, der im Management, in der Entwicklungs- oder Marketingabteilung eines Zuliefererbetriebs arbeitet und auch jeder Bankangestellte, der Kredite zum Bau, zum Erwerb oder zur Sanierung eines Gebäudes vermittelt. Auch hieran wird deutlich, dass Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
Jürgen Trittin März 2005
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit